Auch kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) können davon profitieren, ihren Mitarbeitern bei der Gestaltung der eigenen Arbeitszeiten mehr Vertrauen zu schenken.
In diesem Artikel werden die wichtigsten Aspekte der Herausforderung „New Work“ für deutsche KMUs behandelt:
- Vorteile: So können flexible Arbeitszeiten KMUs effizienter machen und die Mitarbeitermoral verbessern
- Tipps: Das sollten Unternehmer bei der Implementierung neuer Arbeitszeitmodelle beachten
- Herausforderungen: So können Schwierigkeiten, die sich aus der Arbeitszeitflexibilisierung ergeben, angegangen werden
Flexible Arbeitszeit und bessere Mitarbeitermoral – „New Work Order“ oder mehr vom Leben?
Laut Kununu boten im Jahr 2018 rund 17 % aller Versicherungen, rund 14 % aller Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen und rund 11 % aller Banken ihren Mitarbeitern flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit für Home-Office.
Das ist nicht gerade viel. So wird die tägliche Arbeit für viele Menschen Teil einer Übung, bei der Hobbies, Kinder, Familie und Pflichttermine beim Arzt oder auf dem Amt wie Jonglier-Bälle gleichzeitig in der Luft gehalten werden müssen.
Das ist nicht nur anstrengend für die Betroffenen, das ist auch nicht im Interesse des Arbeitgebers, denn so spielt die Arbeit zwangsläufig die zweite oder dritte Geige. Sie wird zu etwas, das erledigt werden muss, um sich den wirklich wichtigen Dingen widmen zu können – und nimmt dabei selbst an Wichtigkeit ab.
Immer mehr Mitarbeiter möchten keine Abstriche im Privatleben hinnehmen, ihrem Job aber auch genug Spielraum geben, um sich darin verwirklichen zu können. Sie wünschen flexible Arbeitszeiten, weil sie längst bemerkt haben, dass ihre eigene Arbeitsmoral sonst sinkt.
Flexible Arbeitszeiten sind eine Herausforderung für deutsche KMUs
Für KMUs kann es besonders schwierig sein, den Wünschen von Arbeitnehmern, die flexibel arbeiten möchten, gerecht zu werden. Gerade für Unternehmen mit wenigen Beschäftigten kann es etwa sehr kompliziert sein, das Staffing so zu organisieren, dass die Bedürfnisse des Unternehmens erfüllt werden – vor allem in der Dienstleistungsbranche.
Die Bewältigung solcher Herausforderungen bringt jedoch eindeutige wirtschaftliche Vorteile von flexiblen Arbeitszeitmodellen zutage: Laut Forbes verzeichnen Arbeitgeber, die für flexibles Arbeiten offen sind, ein gesteigertes Maß an Mitarbeiter-Engagement sowie weniger Fehlzeiten der Angestellten und eine geringere Mitarbeiterfluktuation.
Flexibilisierung von Arbeitszeiten, Home-Office-Möglichkeiten und Familienfreundlichkeit sind zudem starke Motivatoren, wenn es um das Recruiting von bestimmten demografischen Gruppen wie Millennials geht.
Tipps für flexible Arbeitszeit – das sollten Sie bei der Implementierung beachten
Stehen Sie nun vor der Herausforderung, Ihr Arbeitszeitmodell an die Bedürfnisse Ihrer jetzigen und zukünftigen Mitarbeiter anzupassen, sollten Sie als KMUs folgende Punkte beherzigen:
- Flexible Arbeitszeiten sind nicht gleich flexible Arbeit:
Finden Sie heraus, welche flexiblen Arbeitspraktiken Ihre Arbeitnehmer suchen. Der Begriff „flexibles Arbeiten“ ist sehr weit gefasst und kann von Teilzeitarbeit und Job-Sharing bis hin zu Home-Office oder neuen Schichtmustern alles meinen. (Hierzu finden Sie hilfreiche Studienergebnisse am Ende des Artikels.) - Starten Sie eine Betaphase für Ihr neues Arbeitszeitmodell:
Beginnen Sie mit einem Test. Gesetzliche Vorschriften erlauben es Ihnen durchaus, einzelnen Arbeitnehmern oder Abteilungen beispielsweise für ein paar Monate die Möglichkeit zu bieten, von zu Hause aus zu arbeiten und zu überwachen, ob die Regelung praktikabel ist. - Flexibilität hört bei den Rechten Ihrer Mitarbeiter auf:
Entwickeln Sie einen fairen und konsistenten Ansatz! Sie müssen alle Mitarbeiter gleich behandeln. Es wird zum Beispiel schwierig sein, einen Antrag auf flexibles Arbeiten von einem Mitglied einer Abteilung abzuweisen, wenn ein anderes bereits dieses Recht besitzt. - Nutzen Sie Technologie:
Moderne Technologien wie Smartphones, Breitbandzugänge und clevere Office-Tools machen es Menschen viel einfacher, dezentral zu arbeiten. Hierzu gibt es auch speziell für kleine und mittlere Firmen passende Lösungen. - Zeigen Sie Vertrauen:
Wenn Sie Mitarbeiter nicht flexibel arbeiten lassen möchten, weil Sie ihnen dann nicht zutrauen, ihren Job richtig zu machen, sollten Sie sie wahrscheinlich überhaupt nicht beschäftigen. Und wenn Mitarbeiter das Gefühl haben, dass Sie ihnen nicht vertrauen, ist es wahrscheinlich, dass sie sich schon bald nach einem neuen Arbeitgeber umsehen. - Scheuen Sie sich nicht, nein zu sagen:
Ihre Mitarbeiter haben das Recht, flexible Arbeitszeiten anzufragen. Sie als Arbeitgeber sind aber nicht rechtlich dazu verpflichtet, diese Anfragen zu genehmigen. Wenn es einen legitimen geschäftlichen oder wirtschaftlichen Grund dagegen gibt, sagen Sie nein. Begründen Sie Ihre Entscheidung Ihren Mitarbeitern gegenüber aber stets transparent.
Herausforderungen mit flexiblen Arbeitszeiten in Deutschland – Studie mahnt zur Vorsicht
Gleitzeit, Wahlarbeitszeit, Vertrauensarbeitszeit und Co.: Modelle zur Flexibilisierung der Arbeitszeit bieten viele Vorteile und schaffen es, Mitarbeiter zu motivieren sowie das Interesse neuer, potenzieller Arbeitnehmer zu erregen. Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung (März 2019), findet sich jedoch eine Personengruppe, die aus flexiblen Arbeitszeitmodellen auch Nachteile zieht: Eltern.
Mütter und Väter, die im Home-Office arbeiten, um mehr Zeit für die Kinder zu haben, legen häufig drauf – und zwar auf das Stundenkonto ihres Arbeitgebers.
Laut der Studie arbeiten Väter und Mütter im Home-Office meistens mehr als am Arbeitsplatz: Im Vergleich zu Eltern, die keine Home-Office-Angebote nutzen, kommen Mütter dabei wöchentlich auf durchschnittlich eine Stunde mehr Arbeitszeit, Väter auf zwei. So geht für sie der Wunsch nach mehr Zeit für ihre Kinder nach der Elternzeit nicht auf.
Als Arbeitgeber sind Sie hier in der Verantwortung, auf das Wohlbefinden Ihrer Mitarbeiter zu achten und in ihrem Sinne nachhaltig zu handeln. Achten Sie darauf, dass es Ihren Mitarbeitern gut geht und eine Flexibilisierung von Arbeitszeiten nicht zu deren Verlängerung führt.
Welche Form der flexiblen Arbeitszeit wünschen sich Ihre Mitarbeiter?
Die von ManpowerGroup Solutions durchgeführte „Global Candidate Preferences“-Survey gibt einen Überblick darüber, welche der Formen flexibler Arbeitszeit sich Berufstätige weltweit wünschen. Vielleicht entsprechen die Wünsche der 14.000 Befragten auch denen Ihrer Mitarbeiter – Sie sollten es auf jeden Fall herausfinden.
Hier eine Auswahl der Werte – global und in Deutschland:
- Arbeit in Gleitzeit
26 % global
26 % Deutschland
- Vollzeit-Home-Office
22 % global
24 % Deutschland
- Freie Schichtwahl
15 % global
14 % Deutschland
- Teilzeit-Home-Office
12 % global
15 % Deutschland
- Verkürzte Schichten/Arbeitswochen
9 % global
8 % Deutschland
- Sabbaticals (längerer Sonderurlaub)
6 % global
5 % Deutschland
- Freistellung zur Pflege Angehöriger
5 % global
3 % Deutschland
Fazit: Flexible Arbeitszeiten etablieren ist auch in KMUs einen Versuch wert
- Finden Sie heraus, welche Form der flexiblen Arbeitszeit sich Ihre Mitarbeiter wünschen
- Führen Sie eine Testphase durch
- Nutzen Sie Technologien zur Vereinfachung der Prozesse
- Achten Sie darauf, die Risiken von flexiblen Arbeitszeiten zu erkennen und abzufangen
- Scheuen Sie sich nicht davor, in begründeten Fällen nein zu sagen