Wisente, Wölfe, wilde Natur: Der Białowieża-Urwald in Polen

Blick von unten hoch in die Kronen von Kiefern
Maike Schade
Maike Schade
Scheinbar bis in den Himmel ragen die Jahrhunderte alten Eichen, Kiefern und Eschen empor. Es raschelt, es krabbelt auf dem bemoosten Altholz, das überall vermodert. Unzählige Vögel zwitschern und krakeelen. Die Natur im Biolawieża-Nationalpark, ganz im Osten Polens gelegen, wuchert und wächst, wie es ihr gefällt, und das seit rund 10.000 Jahren: Es ist der letzte Flachlandurwald Europas. Komm mit auf eine gedankliche Exkursion zu Wisenten, Wölfen und Luchsen.
  1. Ein Urwald in Europa – gibt’s das überhaupt?
  2. Warum so wild? Darum gibt es bei Białowieża noch Urwald
  3. Flora und Fauna: Unglaubliche Artenvielfalt
  4. Expedition in die Wildnis: Diese Regeln gelten im Białowieża-Nationalpark
  5. Urlaub im Urwald: Anreise und Übernachtungsmöglichkeiten
  6. Europas letzte Urwälder

Ein Urwald in Europa – gibt’s das überhaupt?

Beim Stichwort Urwald denkst du vielleicht spontan erst einmal an Latein- oder Südamerika. An tropische Gefilde, Lianen, Affen und Papageien. Doch Urwälder – oder Primärwälder, wie der korrekte wissenschaftliche Ausdruck lautet – gibt es auch in Europa. Oder vielmehr: Es gab sie.

Denn Urwälder sind Wälder, die nicht vom Menschen genutzt oder beeinflusst wurden und werden – und sie bedecken heute nur noch 0,2 Prozent des europäischen Kontinents, der ursprünglich einmal zum größten Teil aus Wald bestand. Während es in Nord- und Osteuropa durchaus noch große, teilweise sogar weitestgehend unberührte Waldflächen gibt, sind diese in West- und Südeuropa quasi vollständig verschwunden. Und mit ihnen nicht nur der ökologische Nutzen (zum Beispiel CO2-Bindung) eines solchen Biotops, sondern auch viele Pflanzen- und Tierarten.

Warum so wild? Darum gibt es bei Białowieża noch Urwald

Die Wisente sind schuld. Oder vielmehr: Es ist den Wisenten zu verdanken, dass der Wald bei Białowieża im östlichsten Polen das ist, was er ist – ein unberührtes Paradies, in dem die Natur sich frei entfalten kann. Ein Urwald. Der letzte große im Flachland der gemäßigten Zonen Europas.

Denn die europäischen Bisons, wie Wisente auch genannt werden, waren im Mittelalter begehrte Jagdtrophäen. Weil zunächst die polnisch-litauischen Könige, dann die russischen Zaren wie Alexander III. oder Nikolaus II. das exklusive Jagdrecht für sich beanspruchten, waren seit dem 15. Jahrhundert jegliche Wilderei und später auch das Abholzen der Bäume unter Androhung härtester Strafen verboten. Der Wald konnte sich deshalb weitestgehend vom Menschen ungestört entwickeln. Und das seit etwa 10.000 Jahren.

Zwei europäische Wisente auf einer Wiese vor einem Waldstück

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Białowieża wird Biahwowäscha ausgesprochen – mit stimmhaftem „sch“, Betonung auf den unterstrichenen Silben.

Flora und Fauna: Unglaubliche Artenvielfalt

Heute bedeckt der seit 1979 als UNESCO-Welterbe eingestufte Białowieża-Urwald etwa 1.420 Quadratkilometer – ein Drittel davon liegt in Polen, der Rest auf belarussischer Seite. Das Naturparadies ist Lebensraum von etwa 12.000 Tierarten, viele davon existieren nur noch hier. Wisente wandern noch frei herum– andernorts leben sie in Zoos oder Wildgehegen. Auch Wölfe, Luchse und Wildpferde sind hier heimisch, dazu 120 Vogel- und etwa 9.000 Insektenarten. Zugegeben: Die Mücken können lästig werden.

Ebenso vielfältig wie die Fauna ist die Flora. Augenfällig sind die im streng geschützten Kerngebiet im Schnitt 130 Jahre alten Baumriesen: Bis zu 50 Meter hohe Eichen, die größten Europas, recken sich hier gen Himmel. Auch Buchen und Eschen sind ungewöhnlich hoch gewachsen; insgesamt gedeihen hier 26 verschiedene Laub- und Nadelbaumarten.

Große kegelförmige Pilze auf einem umgestürzten von Moos bewachsenen toten Baum

Doch nicht nur die lebenden Bäume sind maßgeblich für den Urwald – fast noch wichtiger ist das Totholz, das allerorts den Boden bedeckt. Würden die verrottenden Stämme entfernt, würden 60 Prozent der im Białowieża-Gebiet lebenden Arten verschwinden, schätzen Expert:innen.

Insgesamt wachsen und wuchern im polnischen Urwald etwa 5.500 Pflanzenarten, und noch immer entdecken Biolog:innen neue – darunter manchmal auch welche, die eigentlich bereits als ausgestorben galten, zum Beispiel einige Flechtenarten. Zu den wichtigsten Pflanzen im Białowieża-Wald, die nachgewiesen wurden, zählen beispielsweise 200 verschiedene Moose, 85 Arten von Gräsern und 24 verschiedene Orchideen.

Expert:innen konnten zudem etwa 3.500 verschiedene Pilzarten identifizieren. Besonders spektakulär: die großen, zwergenhutförmigen Baumpilze, die teils viele Jahre alt und hart wie Holz sind.

Luftansicht eines weitläufigen Mischwaldes

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Während das Wort Urwald einen wilden, von Menschen unbeeinflussten Wald unabhängig von seiner geografischen Lage bezeichnet, ist ein Dschungel ein sumpfiger Wald in den Tropen.

Expedition in die Wildnis: Diese Regeln gelten im Białowieża-Nationalpark

Du möchtest gern durch den Urwald im Białowieża-Nationalpark streifen, die überbordende Natur bestaunen und mit etwas Glück sogar einige der großen Tiere beobachten? Grundsätzlich ist das kein Problem, es gilt allerdings einige Regeln zu beachten. Vor allem: Das Betreten des besonders streng geschützten Kerngebiets ist nur mit einem Guide erlaubt.

Die Polnische Gesellschaft für Touristik und Landeskunde in Białowieża (PTTK) bietet unterschiedliche Touren an – etwa zu Wisenten nachts mit Nachtsichtgeräten sowie in der Abenddämmerung, wenn gerade die größeren Tiere aktiver sind, oder auch frühmorgens zur Vogelbeobachtung. Sechs Stunden dauert die 20-Kilometer-Wanderung ins Herz des Urwalds; die Zahl der Teilnehmer:innen ist streng begrenzt. Wer nicht so gut zu Fuß ist, kann je nach Jahreszeit auch eine Tour mit der Pferdekutsche, einem Schlitten oder dem Fahrrad buchen.

Die äußeren Bereiche des Nationalparks darfst du auch allein erforschen. Auch hier gilt aber: Die Wege dürfen nicht verlassen werden, Müll hat dort nichts zu suchen und auch Geschrei oder sonstiger Lärm muss unterbleiben.

Ein See umrandet von wilden Gräsern, Büschen und Bäumen bei Sonnenuntergang

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Von 1889 bis 1894 wurde für Zar Alexander III. in Białowieża ein Jagdschloss errichtet. Dieser Zarenpalast wurde 1944 von einer Granate zerstört. Nichtsdestotrotz trug er enorm zum Aufschwung der Region bei. Heute befindet sich auf dem Gelände das Museum für Natur und Försterei.

Urlaub im Urwald: Anreise und Übernachtungsmöglichkeiten

Ein guter Ausgangspunkt für Wanderungen ist der kleine Ort Białowieża. Er liegt nahe der belarussischen Grenze (für den Besuch des belarussischen Gebiets benötigst du ein Visum!). Mit seinen rund 2.000 Einwohner:innen ist er zwar recht beschaulich, bietet aber direkt im Ort und im näheren Umfeld dennoch zahlreiche Übernachtungsmöglichkeiten – von der schlichten Ferienwohnung bis hin zum Vier-Sterne-Hotel mit Pool und Spa.

Ein Tipp: das Apartamenty Carskie. Hier wurde der mitten im Urwald gelegene, historische und seit langem stillgelegte Bahnhof „Białowieża Towarowa“ zu einem Hotel samt Restaurant umgebaut. Zar Nikolaus II. ließ ihn zu Beginn des 20. Jahrhunderts bauen, um auf einer eigens verlegten Bahnlinie bequem zur Wisentjagd reisen zu können.

Hier übernachtest du entweder in kleinen Apartments im früheren Haus des Bahnwärters, in einem nebenstehenden Wasserturm oder auch in den liebevoll und detailgetreu restaurierten Luxussalonwagen des kaiserlichen Zuges – Anna Karenina lässt grüßen. Das im Bahnhofsgebäude untergebrachte Restaurant soll eine exzellente lokale Küche bieten.

Blick auf die Altstadt von Warschau

Anreise: So kommst du nach Białowieża

Der Białowieża-Urwald liegt ziemlich abgelegen im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus in der polnischen Woiwodschaft Podlachien. Die nächste Großstadt ist das knapp hundert Kilometer entfernte Białystok. Die Anreise ist deshalb vergleichsweise umständlich. Du erreichst den Ort Białowieża

Die nächstgelegenen internationalen Flughäfen sind Warschau und Szczytno.

Medizinische Hilfe auf Reisen: Bei der American Express Gold oder Platinum Card ist eine Auslandsreise-Krankenversicherung bereits inklusive.*

Europas letzte Urwälder

Der Białowieża-Urwald ist der letzte große Flachlandurwald Europas. Aber er ist nicht der einzige Primärwald: Vor allem in den Karpaten sowie in Norwegen und Finnland gibt es noch weite, unberührte Waldgebiete, allerdings in bergigem Gelände. Besonders schön: eine Rentierwanderung in Lappland.

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