Nachhaltige Garnelen aus Gronau: „Unsere Tiere sind frei von Sorgen“

Eine nachhaltige Garnele liegt auf einem Teller, daneben eine halbierte Zitrone
Kristina Festring-Hashem Zadeh
Kristina Festring-Hashem Zadeh
Gourmets lieben Garnelen. Doch so lecker die Tierchen, so ökologisch zweifelhaft ist oft deren Herkunft. Allerdings nicht beim Start-up Neue Meere aus Gronau in Südniedersachsen. Dessen Gründer haben sich mit viel Pioniergeist der nachhaltigen Garnelenzucht verschrieben. Mit wachsendem Erfolg: Sowohl ökologisch bewusste Sterneköche als auch Privatkund:innen schätzen die köstlichen Krustentiere. Neue-Meere-Mitgründer Ludwig von Brockhausen zu den Herausforderungen der Zucht und der Besonderheit ihrer Garnelen.

Wie kamen Sie auf die Idee, Garnelen nachhaltig zu züchten?

Den Ausschlag gab eine Reportage über Garnelenzuchten in Thailand und Vietnam. Mein Studienfreund Tarek Hermes hatte sie 2011 gesehen und sie ließ ihm fortan keine Ruhe. Denn wie die Doku zeigte, kamen dort reichlich Antibiotika zum Einsatz – es war also kein echter ökologischer Ansatz.

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Rund 50.000 Tonnen Garnelen verzehren die Deutschen pro Jahr – Tendenz steigend. Für diesen Markt produzieren Neue Meere aus Gronau bei guter Auslastung etwa 25 bis 30 Tonnen jährlich.

Ab dem Zeitpunkt hatte er die Vision, selbst Garnelen zu züchten, und zwar wirklich nachhaltig. Denn die Deutschen essen unheimlich gern Garnelen und als Agrarwissenschaftler hatte er Lust, in diesem Bereich etwas Eigenes zu starten.

Wie ging es weiter?

Auf die Idee folgte eine lange Phase der Recherche. Zu der Zeit gab es so gut wie keine Produktionsstätten für Garnelen in Europa. Ich wohnte damals bei Tarek um die Ecke, hörte mir immer gerne an, was er so erzählte und kam so immer öfter in den durchaus spannenden Austausch mit ihm.

Schnell war klar, dass das ein größeres Projekt werden würde – er konnte ja nicht einfach die Badewanne zu Hause füllen und da ein paar Garnelen reinsetzen. Da bin ich für den Vertrieb und die Vermarktung mit ins Boot gekommen.

Tarek Hermes’ älterer Bruder Philipp unterstützte das Projekt als Jurist ebenfalls mit seinem Wissen, doch wir brauchten natürlich unbedingt noch jemanden mit Know-how in Sachen Fischzucht. Und das wurde dann Max Hoersen, der zu dem Zeitpunkt selbstständiger Berater für Anlagen in ganz Europa und extrem kenntnisreich im Bereich Aquakultur war.

2018 haben wir dann die Firma gegründet. 2019 ging es mit dem Anlagenbau los und zwei Wochen vor Weihnachten, im Dezember 2020, konnten wir die ersten Garnelen im Hofladen anbieten.

Vier gut gelaunte Männer stehen Arm in Arm

„Mit dem Namen Neue Meere möchten wir uns als Alternative und zum Schutz der überfischten alten Meeren positionieren“

Warum haben Sie sich den Namen Neue Meere gegeben?

Neue Meere sieht sich als Alternative zu den gebeutelten, überfischten „alten Meeren“. Mit unserer nachhaltigen Aquakultur schonen wir die natürlichen Bestände und möchten uns zum Schutz des Lebensraums Meere richtungsweisend positionieren. Denn auch der Wildfang von Garnelen ist kritisch zu sehen, da er einen erheblichen Eingriff in die Natur darstellt: Große Trawler fahren raus aufs Meer und in den Netzen landen oft auch geschützte Fische und andere Meereslebewesen als Beifang.

Gebäude mit dem Schriftzug Neue Meere

Was waren die Herausforderungen bei der Umsetzung Ihrer nachhaltigen Garnelenzucht?

Da gab es so einige. Zunächst einmal hatten wir kein Vorbild, was den Bau der Anlage anging. Pläne, bestehende Hallen zu übernehmen, haben wir schnell verworfen. Max Hoersen wusste ja durch seine Erfahrung genau, was nicht funktioniert und wir wollten es richtig machen. Also haben wir uns regelmäßig am Küchentisch von Mutter Hermes zusammengesetzt und geplant, dort ist eigentlich die ganze Anlage entstanden.

Zudem war natürlich das Finanzielle eine Herausforderung: Wir hatten die Idee – aber brauchten ja auch Fördermittel und eine Bank, die unsere Idee mitträgt. Da kam es uns zupass, dass wir unsere nachhaltige Garnelenzucht in Tareks Heimatort Gronau planten. Denn dort sind die Wege kurz und es gab einen engagierten Mitarbeiter bei der örtlichen Volksbank, der sich an dem Projekt festbiss und uns großartig unterstützt hat. Einmal drohte unser finanzielles Gerüst übrigens auch komplett zusammenzubrechen, aber auch das konnten wir lösen.

Und so haben wir es am Ende doch hinbekommen, unseren Garnelen einen Lebensraum zu schaffen, in dem sie frei von Sorgen sein können.

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Die von Neue Meere gezüchteten Garnelen sind White Tiger Prawns, lateinisch: Litopenaeus vannamei.
Fünf Männer stehen an einem Becken, drei von ihnen halten ein Netz in die Höhe

Was braucht denn die Garnele, um sich wohlzufühlen?

Es verhält sich ja mit den Garnelen so wie in jeder Tierproduktion: Die Tiere sind Lebewesen und brauchen bestimmte Umstände, um gut zu gedeihen. So benötigen Garnelen Salzwasser mit einer Temperatur von 29 Grad. Sie leben normalerweise am Wassergrund in absoluter Dunkelheit. Also produzieren wir komplett im Dunklen.

Nur zwei Stunden am Tag gibt es Tageslicht und für jeweils eine halbe Stunde täglich simulieren wir Sonnenauf- und Sonnenuntergang, damit die Garnelen keinen Kollaps kriegen, wenn wir zum Beispiel für eine Führung mal das Licht anknipsen.

Ein Riesenthema ist auch die sogenannte Besatzdichte, also der Platz. Davon haben unsere Garnelen weit mehr als es die gesetzliche Norm wäre. Wir haben also versucht, Idealbedingungen zu schaffen – und trotzdem gibt es große Unterschiede zwischen Theorie und Praxis, mit denen wir vorher nicht gerechnet hatten.

„Wie ein Landwirt, der auf die Weide zu seinen Rindern geht, taucht Tarek Hermes einmal täglich durchs Becken“

Welche Unterschiede zwischen Theorie und Praxis der Garnelenzucht bemerken Sie?

So ideal wie im Lehrbuch läuft es in der Garnelenzucht nie. Es wachsen zum Beispiel nicht alle Tiere im gleichen Tempo. Und auch Garnelen haben mal gute, mal schlechte Tage.

Außerdem ist Kannibalismus ein Thema, darauf gilt es ein Auge zu haben. Trotz bester Lebensbedingungen kommt das vor. Besonders ältere Tiere neigen zu „Platzhirsch-Gehabe". Dies kann zu einer Bedrohung für jüngere Tiere werden. Und wenn man da nicht aufpasst, ist schnell ein Teil des Bestands dezimiert.

Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie es unseren Garnelen geht, taucht Tarek Hermes einmal täglich durchs Becken – ähnlich wie ein Landwirt, der zu seinen Rindern auf die Weide geht. Auf diese Weise bekommt er mit, ob etwas geändert werden muss. Ob wir zum Beispiel weniger Futter geben, weil die Garnelen es nicht komplett aufnehmen und das Futter nur umher schwimmt und das Becken verunreinigt.

In einer silbernen Schale liegen Garnelen in einem Eisbad

Das macht die Garnelenzucht von Neue Meere nachhaltig

„Natürlich züchten wir Garnelen für den Konsum – aber das tun wir so nachhaltig wie möglich“, sagt Ludwig von Brockhausen. Das bedeutet:
  • Kein Einsatz von Antibiotika
  • Ausschließlich natürliche, unbehandelte Futtermittel
  • Eine unter Nachhaltigkeitsaspekten gebaute, ressourcenschonende Anlage mit eigenem Wasserkreislauf, in dem 99 Prozent des Wassers wieder aufbereitet werden
  • Mechanische und biologische Reinigung des Wassers
  • Strom produziert ein eigenes Blockkraftheizwerk. Somit ist Neue Meere vollständig autark und von äußeren Einflussfaktoren unabhängig.
  • Kurze Transportwege zu den Kund:innen
  • Nachhaltigkeit in der Logistik und beim Versand, z. B. Kühlboxen aus Recyclingkartonage

„Vor dem Versand haben wir jede Garnele einmal in der Hand“

Wann ist eine Garnele reif, um gefischt zu werden?

Vorweg: Wir beziehen die Larven für unsere Garnelenzucht von anderswo, denn Larven aufzuziehen ist noch einmal ein ganz anderes Thema, das können wir nicht leisten. Aktuell stammen die meisten unserer Larven aus Österreich. Und die kommen nach ihrer Ankunft bei uns erstmal in Quarantäne. Sind sie stabil und haben sich an die Anlage gewöhnt, setzen wir sie in ein Großwasserbecken um.

Nach etwa sechs Monaten hat die Mehrzahl der Tiere dann das erwünschte Gewicht von 22 bis 25 Gramm erreicht. Wir fischen übrigens auch erst ab, wenn die Bestellung bei uns eingeht, und haben vor dem Versand jede Garnele einmal in der Hand. Dann begutachten wir sie im Hinblick auf Aussehen, Konsistenz und Struktur.

Denn wenn unsere Kunden 89 Euro für das Kilo zahlen, dann muss die Ware stimmen. Auch die Größe ist ein Thema. Wenn zum Beispiel Tony Hohlfeld vom Jante sagt, er braucht Garnelen ab 25 Gramm pro Stück, dann kriegt er die auch. Schließlich sollen sie auf dem Teller auch etwas hermachen.

Nachhaltige Garnelen in einem Netz

Garnelen von Neue Meere: Die Top 5 der Zubereitung

Ludwig von Brockhausens Empfehlungen:
  1. „In gebeiztem, beziehungsweise rohen Zustand ist unsere Garnele phänomenal, weil sie sich dann geschmacklich erst richtig entfaltet. Als Sashimi zum Beispiel.“
  2. „Ganz kurz, etwa 30 Sekunden, in der Pfanne von beiden Seiten scharf angebraten mit ein bisschen Olivenöl.“
  3. „Leicht angebraten mit einer schönen Tagliatelle und der unnachahmlichen Tomatensoße von Jens Rittmeyer.“
  4. „Als Surf & Turf mit dem hochwertigen Büffelfleisch von unserem Kooperationspartner Büffel Bill, das kann bei uns als Box bestellt werden.“
  5. „Im Risotto, gern mit etwas Knoblauch.“

Wer gehört neben Sternekoch Tony Hohlfeld denn noch so zu Ihren Kunden?

Der Großhändler Deutsche See gehört zu unseren gewerblichen Kunden und dann vor allem die gehobene Gastronomie, Fine Dining etc. Denn natürlich geht unsere nachhaltige Produktion und Qualität auch mit höheren Kosten einher und diese Restaurants können das eher verschmerzen und preislich mit einkalkulieren.

Wir von Neue Meere wünschen uns, dass noch mehr Spitzengastronom:innen den Schritt machen, den Tony gegangen ist, Hendrik Otto als ehemaliger Küchenchef des Berliner Adlon und Gründer von Sterne im Glas oder auch Jens Rittmeyer, mit dem wir immer wieder kooperieren und der grandiose Soßen zu unseren Garnelen kreiert: Dass sie bewusst Wert darauf legen, wo die Ware herkommt und wie produziert wird.

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Neben den gewerblichen haben wir natürlich auch unsere Privatkund:innen. Vor allem vor Festtagen wie Ostern und Weihnachten steigt da die Nachfrage. Die Resonanz ist übrigens super, denn unsere Kund:innen sind nicht nur von den Produktionsbedingungen, sondern auch von der Qualität und Frische unserer Garnelen überzeugt.

Schön war das mal zu beobachten bei einem Online-Kochkurs von Jens Rittmeyer. Da sagte plötzlich ein Teilnehmer: Das ist ja verrückt, ich rieche ja an den Händen gar nichts, da ist ja gar kein Krustentiergeruch. Und dann hoben plötzlich alle anderen 35 Teilnehmer:innen ihre Hände vor die Nasen und stimmten zu. Das war ein lustiges Bild – aber genau so soll es ja sein.

Nachhaltige Garnelen in einer Vakuumverpackung

FAQ: Häufige Fragen und Antworten

Sind Garnelen gesund?
Ebenso wie Hummer oder Scampi zählt die Garnele zu den Krustentieren – und enthält neben einer Vielzahl an Mineral- und Vitalstoffen vor allem wertvolle Proteine und wenig Fett. Diese Kombination macht die Garnele zu einem sehr gesunden Essen, das du dir gern öfter mal gönnen darfst. Menschen mit hohen Cholesterinwerten sollten indes vorsichtig sein, da Garnelen mit etwa 135 Milligramm pro 100 Gramm vergleichsweise viel Cholesterin enthalten.
Wie würzt man Garnelen?
Das ist Geschmackssache. Garnelen in Spitzenqualität wie die White Tiger Prawns von Neue Meere in Gronau benötigen eigentlich kaum Gewürze, da sie einen exzellenten, zarten Eigengeschmack haben. Ansonsten passt neben grobem Meersalz und Pfeffer auch Knoblauch geschmacklich sehr gut – ein Klassiker. Zitronensaft und Petersilie harmonieren ebenfalls wunderbar mit der Garnele.
Was passt zu Garnelen als Beilage?
Hochwertige Pasta wie Tagliatelle, womöglich mit dem eigenen Pastamaker hergestellt, passt sehr gut zu Garnelen. Aber auch krosse Süßkartoffelpommes oder ein schönes Baguette sind in Kombination mit gebratenen Garnelen ein kulinarischer Traum.
Wie lange sollte ich Garnelen braten?
Wie lange du Garnelen brätst, hängt von deiner Vorliebe ab. Ludwig von Brockhausen favorisiert die Garnelen von Neue Meere nur 30 Sekunden scharf angebraten von beiden Seiten, so entfalten sie ihren Geschmack besonders gut. Falls dir das zu kurz erscheint und du die Garnele lieber gut durchbraten möchtest, reichen zwei bis drei Minuten von jeder Seite.
Welches Gemüse passt zu Garnelen?
Je nachdem, wie du deine Garnelen zubereiten möchtest, passen viele verschiedene Gemüsesorten zu den leckeren Krustentieren. Ein Garnelencarpaccio etwa lässt sich hervorragend mit Avocado und Frühlingszwiebel kombinieren. Sternekoch Jens Rittmeyer bereitet Garnelen gern mit Koriandergemüse und Karotten zu. Auch frittierter Rucola macht sich gut, ebenso mild-nussige Zucchini. Im Sommer passt ein leichter Salat perfekt zu Garnelen.

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