- Was bedeutet Aufsichtspflicht?
- Wer hat die Aufsichtspflicht?
- Wann ist die Aufsichtspflicht verletzt?
- Folgen der Aufsichtspflichtverletzung
- Eine gute Balance finden
- FAQ: Häufige Fragen und Antworten
Das Wichtigste aus diesem Artikel
- Aufsichtspflicht: Sie gilt grundsätzlich bei minderjährigen Kindern und kann auch bei geistig oder körperlich eingeschränkten Personen Anwendung finden. Sie dient dem Schutz der minderjährigen Person und anderer Personen.
- Wer hat die Aufsichtspflicht? In erster Linie haben Eltern die Aufsichtspflicht, diese kann aber auch an Dritte übertragen werden, etwa durch einen Betreuungsvertrag mit einer Kita oder Babysitter:innen.
- Verletzung der Aufsichtspflicht: Eine Verletzung liegt vor, wenn die aufsichtführende Person ihren Pflichten nachweislich nicht nachgekommen ist. Das kann strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen haben.
- Folgen der Aufsichtspflichtverletzung: Bei verursachten Schäden durch Kinder können Eltern haftbar gemacht werden, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Die Privathaftpflichtversicherung greift in solchen Fällen oft ein.
Was bedeutet Aufsichtspflicht?
Kinder sind besonders schutzbedürftig, ihren Erziehungsberechtigten kommt deshalb eine besondere Aufsichtspflicht zu. Als Aufsichtspflicht versteht man eine vertragliche oder gesetzliche Regelung zwischen Aufsichtspflichtigen und Aufsichtsbefohlenen. Sie gilt grundsätzlich bei minderjährigen Kindern, außerdem kann sie bei geistig oder körperlich eingeschränkten Personen Anwendung finden. Die Aufsichtspflicht dient
- dem Schutz der minderjährigen Person vor Gefahren und Schäden sowie
- dem Schutz anderer Personen und deren Eigentum, die durch die minderjährige Person geschädigt werden könnten.
Die rechtlichen Grundlagen der Aufsichtspflicht finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB): In § 1626 bis § 1631 BGB sowie in § 832 BGB. Den Aufsichtspflichtigen obliegt das Personensorgerecht. Die Personensorge ist Teil des Sorgerechts („elterliche Sorge“), das im BGB geregelt ist. So heißt es in § 1631 Absatz 1 BGB: „Die Personensorge umfasst insbesondere die Pflicht und das Recht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen.“
Ausgezeichnet!
In einer bundesweiten Studie von Deutschland Test und ServiceValue haben 1.991 Verbraucher:innen American Express zum besten Kreditkartenanbieter gekürt und mit dem Focus-Money-Siegel ausgezeichnet. Unsere Kreditkarten haben sich gegen 20 weitere Kreditkartenanbieter durchgesetzt und das Gesamturteil „Sehr gut“ erhalten.
Wer hat die Aufsichtspflicht?
In erster Linie betrifft die Aufsichtspflicht die Eltern. Sie können die Personensorge allerdings auch an andere Menschen übertragen, etwa wenn sie ihr minderjähriges Kind einem Babysitter anvertrauen oder es in der Schule anmelden. Das bedeutet also: Jemand kann aufgrund des Gesetzes aufsichtspflichtig sein oder aber aufgrund eines Vertrags.
Übertragung der Aufsichtspflicht
Die Aufsichtspflicht kann von den Personensorgeberechtigten per Vertrag an Dritte übertragen werden. Bestes Beispiel ist die Anmeldung des Kindes in einer Kita oder in einem Kindergarten. In diesen Fällen schließen die Eltern in der Regel einen Aufnahme- oder Betreuungsvertrag mit dem Träger der Einrichtung. Er beinhaltet, dass die Aufsichtspflicht für die Zeit der Betreuung auf die Einrichtung übergeht.
Der Kindergarten oder die Kita überträgt dann die Aufsichtspflicht per Vertrag auf die jeweiligen Erzieher:innen. Sobald das Kind von einem Elternteil in die Einrichtung gebracht wird, haben also die jeweiligen Erzieher:innen die Aufsichtspflicht. Sie dauert so lange an, bis das Kind von den Eltern oder dem Sorgeberechtigen wieder abgeholt wird.
Weitere Beispiele für eine vertragliche Übertragung der Aufsichtspflicht:
- Schule
- Babysitter
- private Lehrer (etwa Musiklehrer, Sportlehrer)
Die Übertragung der Aufsichtspflicht kann auch mündlich erfolgen. Das geschieht zum Beispiel häufig, wenn Eltern das Kind älteren Geschwistern oder den Großeltern für eine gewisse Zeitspanne anvertrauen.
Abgrenzung von der Gefälligkeitsaufsicht
Wenn Verwandte, Bekannte oder Nachbar:innen nur kurz und ohne Vergütung auf das Kind aufpassen, kann eine Gefälligkeitsaufsicht vorliegen. In diesen Fällen wird kein Vertrag begründet, sodass diese Personen auch nicht bei etwaigen Schäden wegen einer Verletzung der Aufsichtspflicht haften. Anders ist die Situation etwa bei einem Kindergeburtstag. Hier ist die Einladung zur Feier als Angebot zur vertraglichen Übernahme der Aufsicht über das eingeladene Kind zu sehen. Schäden, die in diesem Rahmen entstehen, können – bei Verletzung der Aufsichtspflicht – zur Haftung führen.
Good to know: Wann haften Kinder selbst?
Der Hinweis „Eltern haften für ihre Kinder“ gilt nur eingeschränkt und führt nicht zu einer pauschalen Haftung der Eltern. Eltern tragen erst die Verantwortung für Sach- und Personenschäden, wenn sie durch die Verletzung ihrer Aufsichtspflicht entstehen. Haben sie von einem Schaden gewusst, mit ihm gerechnet oder nichts gegen den Schadenseintritt unternommen, haften sie für den Nachwuchs. Haben sie ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt, können Kinder selbst haften. Dabei gelten folgende Regelungen hinsichtlich des Kindesalters:
- Ist das Kind zum Schadenszeitpunkt jünger als sieben Jahre alt, haftet es grundsätzlich nicht, da es als deliktunfähig gilt. Im Straßenverkehr sind Kinder sogar bis zum Alter von zehn Jahren nicht haftbar, wie es in § 828 Absatz 2 BGB steht.
- Zwischen dem siebten und 18. Lebensjahr sind Kinder voll haftungspflichtig, sofern sie bei dem Schaden die notwendige individuelle Einsichtsfähigkeit besitzen, gemäß § 828 BGB. Sie liegt vor, wenn das Kind beim Entstehen des Schadens reif genug war, zu erkennen, dass sein Handeln zu Schäden führen kann.
- Generell greift der Grundsatz: Je älter das Kind ist, desto größer wird seine Eigenverantwortung.
Wann ist die Aufsichtspflicht verletzt?
Grundsätzlich haben Eltern eine Informations- und Überwachungspflicht sowie die Pflicht zum Eingreifen, wenn der Eintritt einer Gefahr droht. Gesetzlich ist allerdings nicht genau geregelt, wann eine aufsichtspflichtige Person ihre Aufsichtspflicht verletzt hat. Ein Urteil hierüber ist abhängig vom
- Alter des Kindes,
- seiner individuellen Entwicklung und
- der Umgebung.
Daher haben Aufsichtspflichtige immer im Einzelfall zu überprüfen, wie sie und das Kind sich zu verhalten haben und wie genau sie mit dem Kind umgehen müssen. Grundsätzlich dürfen sie keine Gefahren auslösen und müssen gefährliche Situationen vermeiden beziehungsweise abmildern.
Außerdem haben Aufsichtspflichtige ihre in Obhut befindlichen Personen über Gefahren zu warnen und müssen sichergehen, dass diese die Warnungen und Verbote verstehen und sich an die Vorgaben halten. Es liegt im Ermessen der Aufsichtsperson, wie das im individuellen Fall einzuhalten ist.
Wird ein Kind in der Kita oder im Kindergarten betreut, sollte die Aufsichtsperson dennoch immer wissen, wo sich das Kind genau befindet und was es gerade macht. Einem Kind sollten immer gewisse Freiheiten gewährt werden, Verbote gehören aber genauso zu einer verantwortungsvollen Erziehung. Auch ohne eine Verletzung der Aufsichtspflicht lassen sich Unfälle allerdings nicht immer vermeiden.
Quick-Info: Beispiele für eine Aufsichtspflichtverletzung
Folgende Beispiele verdeutlichen, wann eine Verletzung der Aufsichtspflicht gegeben ist:
- Ein Kind darf ohne Belehrung über Regeln und Gefahren selbstständig mit dem Fahrrad fahren und verursacht einen Unfall.
- Ein Kind schlägt ein anderes Kind mit einem Spielzeug und verletzt es dabei.
- Ein Kind läuft vom heimischen Grundstück auf die Straße vor ein Auto.
- Ein Kind fällt aus dem Fenster der elterlichen Wohnung.
Folgen der Aufsichtspflichtverletzung
Ein Verstoß gegen die Aufsichtspflicht wird eigentlich nicht geahndet. Allerdings kann ein Schaden, der aufgrund einer Aufsichtspflichtverletzung entsteht, durchaus vor Gericht gehen. Denn kommt es zu von ihren Kindern verursachten Schäden, wenn Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt haben, können gemäß § 832 BGB Schadensersatzansprüche entstehen. Der Paragraf regelt, dass für einen Schaden nicht nur Schadensverursacher:innen, sondern auch Aufsichtspflichtige haftbar gemacht werden können. Das ist allerdings nur möglich, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben.
Häufig greift die Privathaftpflichtversicherung. Sie soll Ansprüche von Dritten erfüllen, die durch Unfälle, Unachtsamkeiten oder ähnliches entstehen. Der Versicherungsschutz greift jedoch nicht, wenn das Kind den Schaden vorsätzlich, beispielsweise durch Vandalismus, verursacht hat. Auch wenn ein Kind gemäß der gesetzlichen Regelungen nicht haften muss und die Eltern ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt haben, kann die Versicherung die Übernahme der Kosten ablehnen.
Für Familien kann es interessant sein, eine erweiterte Haftpflichtversicherung abzuschließen, die in jedem Fall zahlt, auch wenn das Kind zum Beispiel deliktunfähig ist und die Aufsichtspflicht nicht verletzt wurde. Es kann sonst sehr unangenehm werden, wenn beispielweise Nachbar:innen aus diesen Gründen auf Schäden sitzenbleiben.
Eine gute Balance finden
Den Nachwuchs individuell zu fördern, ihn in seiner Selbstständigkeit zu unterstützen und gleichzeitig die Aufsichtspflicht zu beachten – all das ist ein schmaler Grat und für Aufsichtspflichtige eine tägliche Herausforderung. Eine gute Balance zu finden, ist nicht immer leicht. Schließlich soll das Kind keine Gefahr für sich und andere darstellen und kein fremdes Eigentum beschädigen.
Gleichzeitig soll das Kind aber den individuellen Freiraum bekommen, den es braucht, um sich und die Welt zu entdecken. Geht dabei doch mal etwas schief, gilt nicht automatisch der allseits bekannte Spruch „Eltern haften für ihre Kinder”. Es kommt auf den jeweiligen Fall an. Grundsätzlich lohnt sich immer der Abschluss einer Privathaftpflichtversicherung.