Kreditkosten und Inflation im Euroraum

Seit dem Ende der Nullzinsphase sind die Kredite im Euroraum teurer geworden. Dies betrifft insbesondere Immobilienkäufer, Bauherren und Unternehmen, die auf eine baldige Senkung der Leitzinsen hoffen. Trotz einer deutlichen Abschwächung der Inflation haben die Euro-Währungshüter bisher jedoch keine Lockerungen vorgenommen. Der Leitzins wurde von der Europäischen Zentralbank (EZB) bei 4,5 Prozent belassen. Dennoch sehen viele Volkswirte eine mögliche Senkung in den Sommermonaten als wahrscheinlich an.

Inflationsentwicklung im Euroraum

Nach einem Höchststand infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hat sich die Inflation in den 20 Ländern des gemeinsamen Währungsraums mittlerweile wieder merklich abgeschwächt. Im März stiegen die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat um 2,4 Prozent an, so das Statistikamt Eurostat - ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Vorjahreswert von 6,9 Prozent. Die Notenbank erklärte dazu: "Die meisten Messgrößen zeigen eine Entspannung bei der zugrunde liegenden Inflation und das Lohnwachstum lässt nach."

Jörg Krämer, Chefvolkswirt bei Commerzbank warnte jedoch: "Im Kampf gegen die Inflation ist das letzte Stück Weg am schwierigsten." Die EZB strebt mittelfristig eine jährliche Inflationsrate von zwei Prozent an, was sie als Preisstabilität ansieht. Höhere Inflationsraten verringern die Kaufkraft der Verbraucher und lassen einen Euro weniger wert sein.

Warum zögert die EZB mit Zinssenkungen?

Die Währungshüter hatten im Juli 2022 die Null- und Negativzinsen beendet und die Zinsen zehnmal in Folge erhöht, um die zeitweise hohe Inflation zu bekämpfen. Obwohl sich die Inflation nun dem 2-Prozent-Ziel nähert, möchte sich die Notenbank versichern, dass das Risiko steigender Preise wirklich gebannt ist. Die jüngste Entwicklung der Teuerungsrate macht sie zuversichtlicher, aber laut EZB-Präsidentin Christine Lagarde noch "nicht ausreichend zuversichtlich".

BVR-Chefvolkswirt Andreas Bley sieht viele Anzeichen für eine weiter sinkende Inflation, warnt jedoch vor hohen Unsicherheiten. Energiepreise steigen aktuell wieder und Löhne wachsen stark. Daher sollte laut Bley jede weitere Zinsentscheidung von den aktuellen Daten abhängig gemacht werden: "Ein ständiges Auf und Ab des Leitzinses würde sowohl bei den Bürgern als auch auf den Finanzmärkten starke Verunsicherung hervorrufen."

Auswirkungen der EZB-Entscheidungen auf Sparer

Nach einem Hoch Ende letzten Jahres sind laut dem Vergleichsportal Verivox die Zinsen für Festgeld bereits merklich gesunken. Bundesweit verfügbare Festgeldanlagen mit einer Laufzeit von zwei Jahren bringen derzeit im Durchschnitt 2,89 Prozent - Anfang Dezember waren es noch 3,36 Prozent. Eine mögliche Leitzinssenkung im Sommer ist laut Verivox-Experte Oliver Müller bereits weitgehend in den aktuellen Konditionen berücksichtigt: "Sollten die Währungshüter aufgrund der gesunkenen Inflation nicht nur eine, sondern sogar zwei Leitzinssenkungen in Aussicht stellen, könnten die Festgeldzinsen noch weiter sinken."

Bei einem Festgeldkonto wird das Ersparte über einen bestimmten Zeitraum angelegt und weder Sparer noch Bank können während dieser Zeit Änderungen vornehmen. Daher versuchen Finanzinstitute, die erwartete Zinsentwicklung im Voraus zu berücksichtigen.

Die Tagesgeldzinsen stagnieren laut Verivox bei durchschnittlich 1,75 Prozent für bundesweit verfügbare Angebote. Maier von Verivox prognostiziert auch hier sinkende Zinsen: "Perspektivisch rechnen wir auch beim Tagesgeld mit sinkenden Zinsen."

Zinsänderungen und ihre Auswirkungen

Es ist wichtig zu wissen, dass die Zinsen für täglich verfügbare Einlagen von den Kreditinstituten jederzeit geändert und an die aktuelle Marktsituation angepasst werden können.

Auswirkungen sinkender Zinsen auf Kreditnehmer

Viele Volkswirte, darunter auch Ulrich Kater, der Chefvolkswirt der Deka-Bank, gehen davon aus, dass eine Leitzinssenkung im Euroraum ab Juni wahrscheinlich ist. Trotzdem sollten wir nicht erwarten, dass Konsumkredite oder Baufinanzierungen wesentlich günstiger werden. Der Grund dafür ist laut Kater einfach: Viele zukünftige Zinssenkungen sind bereits in den aktuellen Bedingungen berücksichtigt.

Um das zu verdeutlichen: Daten der FMH-Finanzberatung zeigen zum Beispiel, dass für zehnjährige Baukredite momentan durchschnittlich 3,48 Prozent pro Jahr anfallen (Stand: 8. April). Im Vergleich dazu lag dieser Wert Ende Oktober noch über vier Prozent.

Zusammenhang zwischen Zinsen und Konjunktur

Höhere Zinsen bedeuten teurere Kredite - das kann die Nachfrage bremsen und dabei helfen, die Inflationsrate zu senken. Allerdings sind teurere Kredite auch eine Belastung für die Wirtschaft: Wenn kreditfinanzierte Investitionen teurer werden,

könnten Unternehmen ihre Investitionspläne überdenken.

Nicht nur Unternehmen, sondern auch private Hausbauer und große Investoren könnten sich mit Bauprojekten zurückhalten. Dies kann zusammen mit anderen Faktoren, wie zum Beispiel einem schwächeren Welthandel, die wirtschaftliche Entwicklung im Euroraum beeinträchtigen.

Die Wirtschaftsaussichten für den gemeinsamen Währungsraum haben sich zuletzt eingetrübt. Die Europäische Zentralbank (EZB) prognostizierte in ihrer jüngsten Vorhersage im März ein Wachstum von 0,6 Prozent für dieses Jahr - das sind 0,2 Prozentpunkte weniger als noch im Dezember erwartet wurden.

Aufgrund der schwachen Konjunktur sind die Rufe nach baldigen Zinssenkungen lauter geworden.

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