- Geld in Geld investieren: Der programmierte Verlust
- Ob sich inflationsindexierte Anleihen auszahlen
- Vermögen aufbauen, kein Geld verbrennen
- Kryptowährungen und Inflation
- Kreditaufnahme und Hausfinanzierung: Von der Inflation profitieren
Das Wichtigste aus diesem Artikel
Losgelöst davon, ob wir über Geldanlagen in den 70er-Jahren, den 80ern, 2010er oder 2020 sprechen - zwei Motive bestimmen immer die Zielsetzung der Anleger:innen: Sicherheit und Rendite, möglichst sogar noch in Kombination. Bekanntermaßen geht eine höhere Rendite, beispielsweise mit Aktien, in der Regel zulasten der Sicherheit, sprich durch Kursrückgänge an der Börse. Tagesgelder oder Anleihen bieten ihren Anleger:innen zwar in der Regel eine niedrigere Rendite, aber dafür eine vermeintliche Sicherheit vor Wertverlusten. Das Thema Kaufkraftverlust bestimmte die Beratungs- oder Verkaufsgespräche von jeher. Versicherungsvertreter:innen sprachen davon, die Beiträge zur Lebens- oder Rentenversicherung jährlich anzupassen, um einen Inflationsausgleich zu schaffen. Die Immobilienbranche führte das Thema Sachwerte an, ebenso wie der/die Bänker:in, der Fonds verkaufen möchte. Der Goldhandel lobte sein Edelmetall als wertbeständigen Hafen seit Jahrtausenden. Wie können Anleger:innen aber bei einer Inflation Geld anlegen und dennoch auf der sicheren Seite sein?
Geld in Geld investieren: Der programmierte Verlust
Tagesgelder, Sparbücher oder Bundesanleihen gelten als mündelsichere Geldanlagen, also Investments von größtmöglicher Sicherheit. Die beiden erstgenannten fallen im Rahmen von Höchstgrenzen unter die Einlagensicherung und die Bonität der Bundesrepublik Deutschland ist nach wie vor über alle Zweifel erhaben. Trotzdem bedeuteten diese Geldanlagen in der Vergangenheit den garantierten Verlust. Warum?
Inflation bedeutet einen Wertverfall von Geld. Anleihen und Tagesgeld sind „Geld”. Wer heute 10.000 Euro in Tagesgeld anlegt, bekommt in fünf Jahren weniger als Warengegenwert denn heute. Ein paar Rechenbeispiele sollen Licht in das Dunkel bringen.
Ein:e Sparer:in legt 10.000 Euro auf einem Tagesgeldkonto mit einer Verzinsung von zwei Prozent pro Jahr an. Die Zinsen werden einmal jährlich gutgeschrieben und in den folgenden Jahren mit verzinst. Der Betrachtungszeitraum beläuft sich auf zehn Jahre.
Das Endkapital beläuft sich nach zehn Jahren auf 12.190 Euro. Bei der Hochrechnung, beispielsweise wenn wir auf ein bestimmtes Ziel hin sparen, haben wir jedoch vor Augen, welchen Gegenwert wir heute für 12.190 Euro bekommen.
Unterstellen wir einmal eine Inflationsrate von nur einem Prozent pro Jahr über die Dauer von zehn Jahren. Die tatsächliche Kaufkraft in zehn Jahren beträgt nur noch 11.035 Euro. Um den Gegenwert von 12.190 Euro beizubehalten, müsste das Sparziel 13.465 Euro betragen. Das ist die Theorie.
Auf der Grundlage der tatsächlichen Inflation in Deutschland seit dem Jahr 2010 wäre die Kaufkraft jedoch auf 9.378 Euro gefallen. Der Gegenwert des Sparziels hätte für den Ausgleich 15.846 Euro betragen müssen. Wir halten uns vor Augen: Die Europäische Zentralbank versuchte in dieser Zeit, die Inflation mit allen Mitteln in Richtung der Zwei-Prozent-Marke nach oben zu drücken!
Die Inflationsrate im Oktober 2022 betrug laut Destatis 10,25 Prozent. Angenommen, dieses Horrorszenario hätte über zehn Jahre hinweg Bestand, würden sich die 12.190 Euro im Gegenwert folgendermaßen entwickeln:
- Kaufkraft nach Verlust beträgt im Vergleich noch 4.594 Euro.
- Der Gegenwert des Sparziels müsste 32.344 Euro betragen.
Hoffentlich ist an dieser Stelle deutlich geworden, weshalb ein Investment in Geld, Einlagen und Anleihen, trotz der vermeintlichen Sicherheit am Ende einen Verlust bedeutet.
Ob sich inflationsindexierte Anleihen auszahlen
Wer eine Anleihe kauft, erwirbt damit auch bestimmte feste Konditionen. Du weißt, wann die Anleihe zurückgezahlt wird und du kennst den Zinssatz. Mithilfe eines Inflationsrechners kannst du die jetzt sogar noch ausrechnen, wie hoch dein Verlust, abhängig von der Laufzeit, bei der Rückzahlung sein wird. Du siehst auch, wie die festen Zinsen tatsächlich auch jedes Jahr weniger wert sind, da die Preise in den Geschäften für die Produkte steigen.
Inflationsindexierte Anleihen wirken hier zumindest bezüglich der Zinsen entgegen. Der Rückzahlungsbetrag entspricht, abweichend zu einer normalen Anleihe, nicht dem Nominalbetrag der Anleihe. Bezüglich der Zinsen kaufst du bei einer solchen Anleihe ebenfalls die Katze im Sack.
Die Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH definiert inflationsindexierte Anleihen wie folgt:
„Inflationsindexierte Anleihen und Obligationen des Bundes (ILB) sind Schuldverschreibungen der Bundesrepublik Deutschland. Es gibt sie mit Ursprungslaufzeiten von fünf bis mehr als zehn Jahren. Dank der Bindung ihrer Tilgungs- und jährlichen Zinszahlungen an einen Verbraucherpreisindex bieten sie Schutz vor dem Kaufkraftverlust des angelegten Geldes.”
Die Berechnungsgrundlage für die laufende Höhe des Nominalwertes der Anleihe sowie der Zinszahlungen basiert auf dem unrevidierten Verbraucherpreisindex des Euroraums. Dabei handelt es sich um den Gesamtindex exklusive Tabak. Das statistische Amt der Europäischen Union Eurostat veröffentlicht die aktuellen Zahlen dazu monatlich.
Es stellt sich natürlich die Frage, wie attraktiv sind diese inflationsindexierten Anleihen? Werfen wir einen Blick auf die beiden Anleihen mit Ausgabedatum November 2022:
Inflationsindexierte Wertpapiere
Wertpapier | Fälligkeit | Kupon | Umlaufend | Letzte Emission | ISIN |
Bund/€i10 | 15.04.2033 | 0,10 % | 7,0 Mrd. € | 01.11.2022 | DE0001030583 |
Bund/€i30 | 15.04.2046 | 0,10 % | 12,8 Mrd. € | 01.11.2022 | DE0001030575 |
Sind wir ehrlich, richtig aufregend ist der nominelle Kupon, die Zinszahlung, nicht.
Vermögen aufbauen, kein Geld verbrennen
Gerade Menschen mit relativ wenig Erfahrung mit Geldanlagen raubt das Thema Inflation zwar nicht den Schlaf, aber zumindest einen Teil der Gelassenheit im Umgang mit ihrem Geld. Alles, was als sicher galt, wird weniger wert, ohne dass es eines Börsencrashs bedarf. Was kann man da noch tun?
Es gibt den geflügelten Satz von der „Flucht in die Sachwerte”. Dieser Satz ist gar nicht so falsch, genaugenommen, goldrichtig. (Zum Thema Gold kommen wir noch).
Sachwerte: Zugewinn trotz Inflation
Unter Sachwerten versteht man Anlagegüter, die mit konkreten Dingen hinterlegt sind. Als Sachwerte gelten Aktien, Immobilien und Rohstoffe. Mit dem Erwerb einer Aktie wirst du Miteigentümer an den Produktionsanlagen, Gebäuden und Einrichtungsgegenständen der Aktiengesellschaft. Der Besitz einer Immobilie ist selbsterklärend, Rohstoffe wie Goldbarren oder Goldmünzen ebenfalls.
Aktien: Inflationsstabile Geldanlage
Aktien sind nicht nur inflationsresistent, sondern geradezu inflationsrenitent. Angenommen, die Preise für Rohstoffe steigen, gibt sie die verarbeitende Aktiengesellschaft einfach an den nächsten Abnehmer in der Produktionskette weiter. Am Ende zahlt der:die Verbraucher:in die Rechnung - die Inflation in deinem Portemonnaie. Der Wert des Unternehmens und damit der Aktienkurs bleiben mittelfristig unverändert. Viele Anleger:innen, besonders Einsteiger:innen, haben Angst, in Aktien zu investieren. Sie gehen davon aus, dass die Börse ein Glücksspiel sei und nur die „Großen” zulasten der Kleinanleger gewinnen. Wie wir im Abschnitt „Geld in Geld investieren” jedoch gezeigt haben, sind Einlagen und Anleihen die wahren Vermögensvernichter. Warum Aktien als Geldanlage langfristig unverzichtbar sind, zeigt die folgende Grafik des US-Analystenhauses Ibbotson, heute Bestandteil der Morningstar-Gruppe. Nebenbei bemerkt, diese Grafik ist legendär:
Quelle: Morningstar
Ein US-Dollar im Jahr 1926 in kleine oder mittelgroße Aktiengesellschaften angelegt, entwickelte sich trotz Weltkrieg, Ölkrise und anderen Debakel und Katastrophen zu 32.645 US-$ im Jahr 2018.
Als Einsteiger:in sollte man bei einer inflationssicheren Anlage in Aktien nicht gerade in kleine Unternehmen investieren. Vielmehr bieten sich ETFs oder Indexfonds, auf einen Index wie den DAX oder den EuroSTOXX 50 an. Große Aktiengesellschaften, Blue Chips, weisen geringere Kursschwankungen auf als kleinere Gesellschaften und bescheren Sparenden ein ruhigeres „Anlageerlebnis”.
Ideal für den Einstieg sind im Übrigen Robo-Advisor. Dabei handelt es sich um computerbasierte Vermögensverwaltung auf ETF-Basis, die je nach Anbieter auch schon den Einstieg mit 25 oder 50 Euro im Monat auf Sparpläne ermöglicht.
Wenn du eine inflationssichere Geldanlage suchst, kommst du an Aktien nicht vorbei, unabhängig, ob Einzeltitel, klassische Fonds, ETFs oder Robo-Advisor.
Warum sind Immobilien inflationshemmend?
Immobilien als Geldanlage gelten als der Kaiserweg der Vermögensbildung, sind aber leider nicht für jeden realisierbar. Trotzdem wollen wir sie als inflationssichere Geldanlage kurz beleuchten.
Grund und Boden wachsen nicht nach, Wohnraum ist in der Bundesrepublik Deutschland knapp. Politiker:innen sprechen immer häufiger davon, Städte zu „verdichten”, heißt, bestehende Gebäude aufzustocken oder Grundstückslücken zu schließen.
Menschen wollen immer wohnen. Damit bleibt die Nachfrage nach Wohnraum ungebrochen. Wer eine Wohnung vermietet, hat das Recht, die Miete in angemessener Weise immer wieder anzupassen und damit an die steigenden Lebenshaltungskosten anzugleichen.
Die ideale Lösung für Vermieter:innen sind sogenannte inflationsindexierte Mietverträge. Diese räumen ihnen das Recht ein, die Miete jährlich auf der Grundlage der amtlichen Inflationsrate anzupassen. Allerdings müssen sie im Fall einer Deflation die Miete auch entsprechend absenken.
Für Mieter:innen sind inflationsindexierte Mietverträge allerdings unschön. Betrachten wir die Inflation im Jahr 2022, wird es Mieter:innen mit einem solchen Vertrag im Jahr 2023 ein rechtes Loch in das Budget reißen, bestehen Vermieter:innen auf Anpassung.
Aber auch mit einem normalen Mietvertrag bieten vermietete Immobilien dem:der Eigentümer:in eine echte Komfortzone bei steigendem Kaufkraftverlust. Die selbstgenutzte Immobilie bietet den Schutz vor Mieterhöhungen, auf das Thema „Inflation und Baufinanzierung” gehen wir später auch noch ein - dazu gibt es spannende Sachverhalte!
Gold und Inflation: Ein Mythos bröckelt
Im Zusammenhang mit Inflation fällt immer wieder die Aussage, dass nichts über eine Beimischung von Gold gehe. Gold sei absolut inflationsbeständig und würde bei steigenden Konsumpreisen ebenfalls an Wert zu legen. Die folgende Grafik der Börse München regt bei dieser Aussage jedoch zum Nachdenken an:
Quelle: Börse München
Kommen wir zu einem kurzen Fazit zu Gold (das im Übrigen auch für Silber und andere Rohstoffe Gültigkeit besitzt): Gold als Beimischung zu den Anlagenbausteinen ist immer sinnvoll. Auch wenn es keine Erträge erwirtschaftet, hat Gold als „Währung” immer Bestand. Die Tradition, die mit diesem Rohstoff einhergeht, suggeriert allen Menschen weltweit eine gewisse Sicherheit, sodass der psychologische Effekt bei Gold deutlich schwerer wiegt, als die nackten Zahlen wie in der obigen Grafik. Ein Beitrag der ARD Tagesschau unterstreicht diesen Sachverhalt noch einmal.
Kryptowährungen und Inflation
Kryptowährungen haben in den Augen ihrer Befürworter:innen einen ganz massiven Vorteil gegenüber anderen Währungen. Sie sind völlig losgelöst von den jeweiligen Volkswirtschaften und Interventionen der Zentralbanken. Damit bieten sie auch keinerlei Angriffsfläche für einen Kaufkraftverlust. Ihr Wert wird ausschließlich durch Angebot und Nachfrage festgelegt, nicht durch die Benchmark „Warenkorb”.
Da Kryptowährungen auch völlig losgelöst von politischen Systemen sind, sollten sie bei Krisen jedweder Art als „neutrales Pflaster” ebenfalls stärker nachgefragt werden. Keine geopolitische Veränderung sollte sich auf den Wert der Kunstwährungen auswirken.
So weit, so gut in der Theorie. Aber wie sieht es in der Realität aus?
Werfen wir doch einmal einen Blick auf die Wertentwicklung des Bitcoins, der Leitwährung im Kryptosegment.
Die folgende Grafik von Statista spricht jedoch eine völlig andere Sprache:
Quelle: Statista
Im Jahr 2022 kamen alle Faktoren zusammen, die für die theoretische Kursexplosion der Kryptowährungen sprachen:
- Ein Krieg in Europa
- Kostenexplosion
- Rohstoffverknappung
- Politische Unsicherheit durch mehrere Neuwahlen in Europa und die Midterms in den USA
Und was hat der Bitcoin gemacht? Er brach seit seinem Höchststand im Herbst 2021 um rund 65 Prozent bis Juli 2022 ein. Kryptowährungen als inflationssicher zu betrachten, nur aufgrund der theoretischen Grundlage, kann für dich als Anleger:in fatale Folgen haben - bis zum “total loss”.
Kreditaufnahme und Hausfinanzierung: Von der Inflation profitieren
Alle stöhnen unter der Inflation, zu Recht. Aber es gibt auch einen Personenkreis, der zu jeder Zeit aufgrund der mal schleichenderen, mal signifikanteren Geldentwertung Grund zum Jubeln hat: Kreditnehmer:innen und Menschen, die eine Baufinanzierung bedienen. Warum?
Betrachten wir zunächst einen Ratenkredit. Angenommen, du nimmst ein Darlehen über 10.000 Euro mit einer Laufzeit von fünf Jahren auf. Du zahlst der Bank zwar nominal 10.000 Euro zurück, die Bank selbst erhält aber aufgrund des Kaufkraftverlustes de facto weniger:
- Der zukünftige Preis beträgt: 11.040,81 Euro
- Die zukünftige Kaufkraft beträgt: 9.057,31 Euro
Absolut | Relativ | Relativ p.a. | |
Preissteigerung | 1.040,81 Euro | 10,408 % | 2,000 % p.a. |
Kaufkraftverlust | -942,69 Euro | -9,427 % | -1,961 % p.a. |
Das Ganze ist aus Sicht der Bank genauso wie bei dir aus deiner Sicht, wenn es um eine Geldanlage in Anleihen geht, wie ganz zu Beginn beschrieben.
Wir hatten im Abschnitt Geldanlagen gesagt, dass Immobilienerwerb bei Inflation eine hervorragende Lösung darstellt. Dies betrifft nicht nur die laufende Rendite respektive Wegfall des Inflationsrisikos der Miete bei Eigennutzung. Das betrifft auch die Finanzierung. Genau wie bei einem Ratenkredit zahlst du durch den Kaufkraftverlust weniger zurück, als du dir nominal von der Bank geliehen hast.
Bleiben wir bei einer moderaten Inflationsrate von zwei Prozent pro Jahr wie oben, aber ändern wir die Laufzeit auf 30 Jahre und die Darlehenssumme auf 300.000 Euro:
- Der zukünftige Preis beträgt: 543.408,48 Euro
- Die zukünftige Kaufkraft beträgt: 165.621,27 Euro
Absolut | Relativ | Relativ p.a. | |
Preissteigerung | 243.408,48 Euro | 81,136 % | 2,000 % p.a. |
Kaufkraftverlust | -134.378,73 Euro | -44,793 % | -1,961 % p.a. |
Gemessen an der Kaufkraft in 30 Jahren zahlst du nur 55 Prozent der ursprünglichen Darlehenssumme zurück - ein Argument, welches Baufinanzierung und Immobilienkauf bei Inflation wieder in den Vordergrund rückt.
Natürlich sind die Banken nicht naiv. Diese Verluste sind in die Zinsen eingepreist. Dennoch bedeuten sie für dich einen nicht zu verachtenden Vorteil.
Mit diesem kurzen Beitrag haben wir skizziert, was du bei Geldanlage und Inflation berücksichtigen solltest. Auf den weiteren Seiten schildern wir, welchen Berufsgruppen die Inflation besonders zu schaffen macht, und ob sich Lösungen anbieten.