Mindestlohn und Inflation: Die finanzielle Zeitbombe

Der gesetzliche Mindestlohn beträgt im Jahr 2022 in der Stunde zwölf Euro. Bei einer 40-Stunden-Woche bedeutet dies ein Bruttogehalt von 1.920 Euro. Die Sozialabgaben belaufen sich auf:

• Rentenversicherung: 178,56 Euro
• Arbeitslosenversicherung: 23,04 Euro
• Krankenversicherung: 140,16 (ohne Sonderbeitrag)
• Pflegeversicherung: 36 Euro

Unterstellen wir einmal, dass für Arbeitnehmer:innen, die Lohnsteuerklasse I zugeordnet sind, eine Lohnsteuer in Höhe von 129,58 Euro anfällt, ohne Kirchensteuer.

In der Summe ergibt dies ein Nettoeinkommen in Höhe von 1.412,66 Euro.

Die durchschnittliche Miete beträgt in Deutschland laut Statista 749 Euro. Realistisch ist für eine Zweizimmerwohnung in München ein Mittel von 18 Euro pro Quadratmeter, bei 50 Quadratmetern sind das 900 Euro kalt. In Berlin beträgt der Mittelwert 10,48 Euro, heißt in diesem Beispiel 524 Euro. Im ländlichen Bereich, beispielsweise in Usingen, 40 Kilometer nördlich von Frankfurt am Main, fallen pro Quadratmeter 8,71 Euro an, für eine Wohnung mit 50 Quadratmetern sind dies 435,50 Euro monatliche Miete.

Den niedrigeren Mieten in ländlichen Regionen stehen auf der anderen Seite explodierende Spritpreise gegenüber, die für den Weg zum Arbeitsplatz bezahlt werden müssen. Der ÖPNV muss ebenfalls sein Preisniveau anpassen. Das geplante 49-Euro-Ticket klingt zwar nett, ist aber selbst laut Bahn mangels Personals und Zügen keine Lösung.

Bereinigen wir das Nettoeinkommen um den statistischen Mietmittelwert, um 749 Euro, verbleibt ein verfügbares Haushaltsnettoeinkommen von 663,66 Euro.

Es bleibt jetzt jeder:m selbst überlassen, diese rund 670 Euro um die Kosten für Telefon, eventuell Auto, ÖPNV und GEZ zu bereinigen, um zu sehen, wie viel in unserem Beispiel am Ende zum Leben übrig bleibt.

Allein die Aufschläge auf die Stromvorauszahlungen sorgen dafür, dass Mindestlohnbezieher:innen die Rechnungen häufig nicht mehr bezahlen können. Steigende Umlagen, die erst mit der nächsten Nebenkostenabrechnung richtig durchschlagen, werden manchen Haushalt an die Grenzen bringen.

Auch wenn es fast schon albern klingt: Vor allem die Bezieher:innen von Mindestlohn sollten im Hinblick auf die Inflation und die zu erwartenden Nebenkostenabrechnungen von ihrem knappen Einkommen jeden Monat etwas zur Seite legen. Die Nachzahlung durch einen Kredit zu finanzieren, wäre keine empfehlenswerte Alternative. Weil durch die Inflation das frei verfügbare Haushaltseinkommen sinkt, das für die Banken relevant ist, wären wahrscheinlich sehr hohe Kreditzinsen fällig.

Bei den täglichen Einkäufen zeigt sich ebenfalls, dass Mindestlohn und Inflation eine hochtoxische Kombination sind, welche die Betroffenen vor echte Herausforderungen stellt. Das Problem ist leider nicht kurzfristig zu sehen, sondern als Spirale, die sich immer weiter in Richtung Verschuldung dreht.

Es bleibt bedauerlicherweise nur die traurige Binsenweisheit, alle Ausgaben auf mögliche Einsparpotenziale zu überprüfen. Unser Inflationsrechner hilft dabei, zunächst einmal alle Ausgaben zu definieren, und darüber nachzudenken, wohin eigentlich jeden Monat das Geld fließt. Vielleicht kann die eine oder andere Position vermieden werden.